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"Endlich gute Nachrichten für mich"

Am 15. August 2021 erobern die Taliban Kabul und bringen damit ganz Afghanistan unter ihre Kontrolle – ein schwarzer Tag für das ohnehin krisengebeutelte Land. Aufgrund der Kriege und der ständigen Bedrohung durch die Taliban ist Afghanistan nach Syrien seit Jahren das Herkunftsland der zweitmeisten Asylanträge in Deutschland. Abdullah Mohammadi* kommt Ende 2017 nach seiner Flucht aus Afghanistan über Russland nach Deutschland und sucht im Januar 2018 erstmalig unsere Beratungssprechstunde auf. In Russland hatte er seine Frau kennengelernt, die im März 2018 ebenfalls nach Deutschland kommt.

Vor der Machtübernahme der Taliban wird der Asylantrag von Abdullah Mohammadi vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) abgelehnt. Begründung: Wer durch die Taliban bedroht ist, solle sich in einem anderen, sicheren Teil Afghanistans niederlassen. Zu dieser Zeit werden viele Asylanträge afghanischer Asylsuchender mit dieser fragwürdigen Begründung abgelehnt. Diese jahrelange Entscheidungspraxis des BAMF wird erst mit der Machtübernahme der Taliban obsolet. Auch bei seiner Ehefrau geht es zunächst um Schadensbegrenzung, da sie aufgrund der Dublin-Verordnung nach Frankreich abgeschoben werden soll. Ihre Ehe mit Abdullah Mohammadi wird aus fadenscheinigen Gründen vom BAMF in Frage gestellt und bei der Entscheidung außer Acht gelassen. Letztlich hilft nur eine Klage vor dem Verwaltungsgericht, um die Abschiebung nach Frankreich und die damit verbundene Zerrüttung der Familie zu verhindern.  

Nach der Ablehnung durch das BAMF versucht Herr Mohammadi vergeblich mit einem Rechtsanwalt durch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht eine Aufenthaltserlaubnis zu erstreiten. Wir unterstützen ihn dabei und suchen nach weiteren aufenthaltsrechtlichen Alternativen. Als auch die Klage vor dem Verwaltungsgericht erfolglos bleibt, arbeiten wir mit Abdullah Mohammadi daran, die Bedingungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für langjährig Geduldete zu schaffen. Er lernt schnell die deutsche Sprache, findet eine Beschäftigung als Schneider. Seine Tochter kommt 2020 auf die Welt. Leider erhält auch sie kein Aufenthaltsrecht.

Mit der Machtübernahme der Taliban ergeben sich für Herrn Mohammadi, wie für viele Afghan*innen in Deutschland, neue Nachfluchtgründe. Wir raten ihm zu einem Asylfolgeantrag. Damit kann er endlich seinen Aufenthalt in Deutschland sichern. Anfang 2023 endet die Zitterpartie für Abdullah Mohammadi. Das BAMF stellt ein Abschiebungsverbot fest und ihm wird eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 AufenthG erteilt. So weit ist seine Frau noch nicht. Doch Abdullah Mohammadi hat neue Hoffnung: „Endlich gibt es gute Nachrichten für mich. Jetzt bin ich zuversichtlich, dass ich zusammen mit meiner Frau und meiner Tochter in Deutschland in Frieden leben kann.“

 

*: Name geändert

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