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Mamadou Camara* hat es geschafft

Viele Guineer werden in diesen Tagen bei der zentralen Ausländerbehörde (ZAB) in Essen zwecks Identitätsklärung vorgeführt. Ihnen droht die Abschiebung in ein Land, in dem nach den Präsidentschaftswahlen die Gewalt auf der Straße regiert. Anders sieht es bei Mamadou Camara aus: Obwohl sein Asylantrag abgelehnt wurde, hat er nun nach fünf Jahren Unsicherheit eine Aufenthaltserlaubnis bekommen. Damit endet eine lange Zeit der Angst vor einer Abschiebung.

Bei ProASyl lernen wir Mamadou Camara als ehrenamtlichen Dolmetscher kennen, der immer wieder für unsere guineischen Klient*innen übersetzt. Schon kurz nach seiner Einreise hat er eigenständig angefangen, Deutsch zu lernen. Ihm ist klar, dass das der erste Schritt sein muss, um in Deutschland Fuß zu fassen. Während er bei uns regelmäßig übersetzt, befindet er sich noch im Asylverfahren. Aus Guinea ist Camara geflohen, weil seine Familie ihn verstoßen hat. Sein Vater wollte nicht akzeptieren, dass er sich als Muslim in eine Christin verliebt hat. Doch beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) glaubt man ihm diese Geschichte nicht. Auch eine Klage vor dem Verwaltungsgericht bleibt erfolglos. Aber Mamadou Camara gibt nicht auf. Obwohl er keinen Anspruch auf einen Integrationskurs hat, besucht er verschiedene Sprachkurse, die er aus eigener Tasche bezahlt. Nach und nach verbessert er seine Sprachkenntnisse und arbeitet ehrenamtlich als Integrationsmittler und als Dolmetscher für seine Community.

Auch beruflich nutzt Camara seine Chancen. Obwohl seine Duldung nur kurzfristig verlängert wird, findet er schnell Arbeit. Er erhält sogar eine Zusage, eine Ausbildung als Kraftfahrer zu machen. Voraussertung hierfür ist für den Arbeitgeber aber, dass Mamadou Camara eine Aufenthaltserlaubnis besitzt. Deshalb arbeitet er als Helfer bei einer Zeitarbeitsfirma mit Arbeitsverträgen, die nur so lange gültig sind wie seine Duldung. Solch prekäre Beschäftigungsverhältnisse sind für Geduldete in Deutschland leider der Normalfall.

Im Winter 2019 erfahren wir dann von der drohenden Abschiebung. Alle Rechtsmittel im Asylverfahren sind ausgeschöpft. Bei so vorbildlicher Integrationsleistung entscheiden wir uns schnell, einen Härtefallantrag für Herrn Camara zu stellen. Einziges Problem: Die Klärung der Identität. Denn wie die meisten Geflüchteten kam Mamadou Camara ohne Pass nach Deutschland und die guineische Botschaft stellt keine Pässe in Deutschland aus. Also versuchen wir, über Angehörige und Freunde sowie über Vertrauensanwälte der deutschen Botschaft in Guinea an Identitätsdokumente zu gelangen. Diese Bemühungen können dann belegen, dass es ihm nicht möglich war, in Deutschland an einen guineischen Pass zu kommen. Mit dem positiven Bescheid der Härtefallkommission im August 2020 ist dann alles klar: Mamadou wird eine Aufenthaltserlaubnis aus Härtegründen und ein Passersatz ausgestellt.

Seitdem hat Mamadou Camara einen unbefristeten Arbeitsvertrag und spart, um sich irgendwann bei einer Reise in die Heimat einen Nationalpass zu besorgen. „Wichtig für alle in meiner Situation ist, sich Beratung zu holen“ betont Camara. „Ich wusste gar nichts von der Möglichkeit, einen Härtefallantrag zu stellen. ProAsyl hat mir die Wege aufgezeigt“

Inka Jatta von ProAsyl ergänzt: „Leider erreichen solche Informationen nicht alle Geduldeten. Obwohl sie zum Teil Bleibeperspektiven auch nach abgelehnten Asylverfahren haben, droht Ihnen die Abschiebung. Wir prüfen dann immer, ob es Alternativen dazu gibt: Härtefallantrag, humanitärer Aufenthalt, Ausbildungsduldung oder Beschäftigungsduldung kommen hier exemplarisch in Frage und zeigen den Menschen langfristige Perspektiven auf. Herr Camara hat sich den Weg dahin geebnet durch eigene Integrationsleistungen. Wir konnten ihm helfen, dass diese gewürdigt und wahrgenommen werden.”

 

*: Name geändert

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