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"Endlich hat mein Herz Ruhe"

Endlich haben das monatelange Zittern und Bangen, die Verzweiflung und Angst ein Ende. Unter Tränen nimmt Herr K., Klient aus der regionalen Beratung von ProAsyl/Flüchtlingsrat Essen e.V., seine drei minderjährigen Kinder am Flughafen in die Arme.

Ende Oktober 2019 wendet er sich mit der verzweifelten Bitte um Unterstützung an unsere Beratung. Er ist Syrer, lebt seit 2014 in Deutschland und wurde als Flüchtling anerkannt. Seine insgesamt vier minderjährigen Kinder und seine Ehefrau musste er in Syrien zurücklassen. Vorangegangene Versuche der Familienzusammenführung waren allesamt gescheitert. Als dann im Herbst letzten Jahres das türkische Militär in Nordsyrien einmarschiert, wo die Familie bislang lebte, muss sie überhastet von dort fliehen. Auf der Flucht werden die drei kleinsten Kinder von ihrer Mutter und der älteren Schwester getrennt. Sie schließen sich einer Gruppe von Flüchtlingen an und landen schließlich in Erbil im Nordirak, von wo aus sie ihren Vater kontaktierten.

In dem völlig überfüllten Camp sind sie die einzigen Kinder ohne Eltern. Unsere Beraterin informiert Unicef, damit sie sich der Kinder annehmen konnten. Auch die deutsche Botschaft in Erbil kann von unserer Beraterin überzeugt werden, aufgrund der außergewöhnlich harten Umstände einen Sondertermin zur Vorsprache einzuräumen. Trotzdem müssen noch jede Menge Papiere besorgt und beglaubigt werden, die Visaanträge erst noch zur Genehmigung zur Ausländerbehörde Essen geschickt und auch die Kosten für die Flugtickets aufgebracht werden. Zudem brauchen die Kinder aufgrund der Minderjährigkeit einen Vormund zur Antragstellung.  

Herr K. ist in der ganzen Zeit in größter Sorge um seine Kinder, die durch die Trennung von der Mutter, die Flucht aus ihrer Heimat und die nicht gerade kindgerechten Zustände im Flüchtlingscamp im Irak selbst nervlich stark mitgenommen waren: „Meine Kinder haben jetzt seelische Erschütterung und Belastung“. In dieser Zeit hilft Herrn K. die Unterstützung durch unsere Beratungsstelle sehr: „Sie sind wie ein Fels in der Brandung für mich. Ich weiß nicht, wo mein Kopf ist – ob hier oder in Erbil, ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Aber Sie sind wie ein fester Stein, daran kann ich mich festhalten und orientieren.“

Anfang Januar verschärft sich die Situation dann erneut: Iranische Flugzeuge beginnen, den Nordirak zu bombardieren - die Raketen explodierten nur wenige Meter von dem Flüchtlingscamp entfernt, in dem die Kinder nach wie vor ausharren müssen. Herr K. ist kurz davor, seine gutbezahlte Arbeitsstelle in Deutschland kurzerhand aufzugeben und Hals über Kopf in die Kriegsregion zu seinen Kindern zu fliegen. Auch in dieser Zeit war ihm die Beratung durch ProAsyl Essen eine handfeste Stütze.

Anfang Februar 2020 kommt dann die erlösende Nachricht: Die Visa sind genehmigt! Dennoch muss Herr K. noch über einen Monat warten, um seine Kinder endlich in Sicherheit zu wissen. Es ist Herrn K. regelrecht anzusehen, welch tonnenschwere Sorgen von seinen Schultern fallen, als er letzten Samstag dann endlich seine Kinder am Flughafen in die Arme schließen kann. Minutenlang fehlen ihm die Worte. Tränen fließen ununterbrochen. Die Kinder wollen ihren Vater einfach nur noch feste umarmen und nicht mehr loslassen.

An der überwältigenden Freude will Herr K. auch unsere Beraterin teilhaben lassen: „Frau Hanisch, ich habe keine Worte, wie viel Sie für uns getan haben. Ich danke Ihnen so sehr. Ohne Sie wären meine Kinder jetzt nicht hier.“ Und auch weiterhin wird Familie K. unsere Unterstützung benötigen: Jetzt gilt es, Kindergeld und andere Leistungen zu beantragen, Termine bei der Ausländerbehörde zu vereinbaren, eine größere Wohnung zu finden, sich für einen Schulplatz einzuschreiben. Doch Herr K. sieht seit dem Wochenende wieder optimistisch in seine Zukunft: „Jetzt ist die Ruhe in meiner Wohnung vorbei, aber endlich hat mein Herz Ruhe.“

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