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Aus dem Abschiebeflieger in den Aufenthalt – Familie Maqani darf bleiben

„Ich kann immer noch nicht glauben, dass Mama und meine Geschwister bleiben dürfen.“ Denis, der älteste Sohn von Mirie Maqani, ist heilfroh, dass seine Mutter und die jüngeren Geschwister nach einer gescheiterten Abschiebung in den Kosovo nun sicher in Essen bleiben dürfen. Danach sah es lange nicht aus.

Nach über 26 Jahren in Essen soll Mirie Maqani im Frühjahr 2018 mit ihren minderjährigen Kindern, die allesamt in Deutschland geboren sind, in den Kosovo abgeschoben werden. Kurz vor der Landung in Pristina dreht der Abschiebeflieger plötzlich wieder um. Offenbar hat die Maschine keine Landeerlaubnis. Also geht es wieder zurück nach Düsseldorf, von wo aus der Abschiebeflug gestartet war. Zurück in Essen lebt die Familie in ständiger Angst, erneut aus dem Schlaf gerissen und zum Flughafen gebracht zu werden.

Mirie Maqanis erwachsene Kinder, die nicht von der Abschiebung betroffen waren, durchleben in dieser Zeit ein emotionales Chaos irgendwo zwischen der Freude darüber, dass die Mutter und die Geschwister noch in Deutschland sind und der Angst, dass die Familie durch eine erneute Abschiebung jederzeit wieder jäh zerrissen werden kann.  Sie kümmern sich liebevoll vor allem um die Kleinsten der Familie, die von der fast vollendeten Abschiebung am härtesten getroffen wurden. Aber die allgegenwärtige Angst können auch sie nicht vertreiben. Jastelina, die jüngste Tochter von Mirie Maqani, zieht sich immer mehr zurück und redet kaum noch. Ihr Bruder Ramadan traut sich nicht mehr aus dem Haus. Die Kinder können nachts kaum noch schlafen. Wenn sie schlafen, wachen sie oft Mitten in der Nacht auf. Ein vorbeifahrendes Auto, das Licht in die Wohnung wirft oder ein Geräusch draußen auf der Straße genügen, um sie zurück in die Nacht zu katapultieren, in der plötzlich die Polizei vor der Tür stand.

Doch die Maqanis geben nicht auf und wollen für ihr Aufenthaltsrecht kämpfen. Mit vielen Unterstützer*innen organisieren sie eine Kundgebung vor dem Rathaus. Laissez Passer, ein Essener Verein, der sich für Geduldete einsetzt, schreibt einen offenen Brief an Oberbürgermeister Thomas Kufen, der von mehreren Hundert Personen unterstützt wird. Zusammen mit Carla Scheytt von Laissez Passer wenden sich Denis und Lendita Maqani an ProAsyl.

„Als wir das erste Mal von der gescheiterten Abschiebung der Maqanis erfuhren, hatten wir wenig Hoffnung, dass der Familie in dieser Situation noch geholfen werden kann“, erinnert sich Inka Jatta vom Flüchtlingsrat ProAsyl. Nach den ersten Gesprächen mit Denis und Lendita nimmt sie Kontakt mit der Ausländerbehörde auf und schreibt zusammen mit ihrem Kollegen Torben Gewehr eine Petition an den Landtag. Die Ausländerbehörde können sie davon überzeugen, von einer Abschiebung abzusehen, solange das Petitionsverfahren läuft.

Der Petitionsausschuss würdigt die Integrationsleistungen der Familie. Mutter Mirie Maqani war es, obwohl alleinerziehend, in der Zwischenzeit gelungen eine Teilzeitstelle als Reinigungskraft aufzunehmen. Die älteste von der Abschiebung betroffene Tochter Sofije Maqani fand eine Ausbildungsstelle. Obwohl ein Rechtsanwalt bereits einige Jahre zuvor einen Härtefallantrag für die Familie gestellt hatte, empfiehlt der Petitionsausschuss aufgrund der geänderten Sachlage, erneut einen Härtefallantrag zu stellen. Die Ausländerbehörde erklärt sich bereit, auch dieses Verfahren abzuwarten. Der von ProAsyl gestellte Härtefallantrag bringt dann die entscheidende Wende. Die Kommission richtet ein Ersuchen an die Ausländerbehörde, die Mirie Maqani und den Kindern dann tatsächlich die Aufenthaltserlaubnisse erteilt.

Gut ein Jahr nach der Beinahe-Abschiebung in den Kosovo leben die Maqanis nun mit gesichertem Aufenthaltsrecht in Essen. Der Schock über das Erlebte sitzt noch immer tief, vor allem bei den Kindern. Sie können immer noch nicht so recht glauben, dass ihnen keine Abschiebung mehr droht. Ramadan zuckt nach wie vor zusammen, wenn ein Polizeiwagen an ihm vorbeifährt.

Es wird wohl noch eine Weile dauern bis die Maqanis ein ganz normales Leben führen können. Denis Maqani hat allerdings schon große Pläne: „Im Duldungsstatus konnten wir Deutschland nie verlassen. Während meine Freunde früher in den Urlaub gefahren sind, habe ich meine gesamten Schulferien hier in Essen verbracht. Nächstes Jahr fahren wir mit der ganzen Familie in den Urlaub. Wir haben einiges nachzuholen.“

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